Elektrische Energienetze
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Elektrische Energienetze
Wir sprechen von elektrischen Energienetzen, wenn wir uns gegen elektrische Netze aus der Niederspannung abgrenzen wollen.
Elektrische Energienetze übertragen Leistungen jenseits von 100 kVA, bei Spannungen über 1.000 V. Typischer Weise beginnt das elektrische Energienetz bei einem Synchrongenerator und endet beim Ortsnetztrafo, wo die Mittelspannung auf 0,4 kV heruntertransformiert wird. Vom Ortsnetztrafo aus erfolgt der Anschluss der Haushalte und der Gewerbebetriebe, bei denen vorwiegend 230 V Leiter-Sternspannung zur Versorgung der Elektrogeräte zum Einsatz kommen. Manche Haushaltsgeräte richten den Wechselstrom zu Gleichstrom um, etwa um LED-Leuchten anzuspeisen.
Das Stromnetz auch Elektrizitätsnetz genannt, ist ein System aus miteinander verbundenen elektrischen Leitungen (Freileitungen, Kabelleitungen) , Transformatoren und Schaltanlagen samt zugehörigen Zähl-, Mess- und Schutzeinrichtungen, welches elektrische Energie von den Erzeugern (Generatoren) zu Verbrauchern (Motoren) transportiert. Ziel ist die Sicherstellung der Versorgung mit elektrischer Energie auf Basis einer wirtschaftlichen, umweltschonenden und zuverlässigen Betriebsführung. Dies erfolgt mit Hilfe von hierarchisch aufgebauten Leittechniksystemen, die Fachleute im Lastverteiler bei deren Arbeit unterstützen.
Das Stromnetz wird als 3-phasen Drehstromsystem (Bahnsysteme mit Einphasenwechselstrom) betrieben, da Gleichstrom bei energietechnischen Anwendungen wesentliche Nachteile bietet, wie keine direkte Transformierbarkeit der Spannungen und keine Nulldurchgänge zum Schalten, so wie bei Wechselgrößen.
Als Frequenzen kommen in Europa generell 50 Hz in USA 60 Hz und für Bahnstromversorgungen zusätzlich auch 16,7 Hz (bei 15 kV) zum Einsatz (um in der Zeit vor der Erfindung der Leistungselektronik Funkenbildung am Stromwender der Motoren in den Lokomotiven zu reduzieren).
Elektrische Energienetze lassen sich in folgende Gruppen einteilen:
Elektrische Netze nach der Netzebene
- Netzebene 1: Höchstspannung: 220 / 380 kV; UCTE-Verbundnetz; Überregionales Übertragungsnetz
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Vom kasachischen Energieversorger KEGOC wird eine Leitung betrieben, die für 1.150 kV und eine Leistung von 5.500 MVA bei einer Leitungslänge von 2.500 km ausgelegt ist. Der Autor dieser Zeilen hat an der Automatisierung dieser Leitung im Rahmen seine Tätigkeit für die Siemens AG Österreich mitgewirkt.
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In China wird eine Hochspannungs-Gleichstromleitung (HGÜ) betrieben, die für +/- 1.100 kV und eine Leistung von 12.000 MVA bei einer Leitungslänge von 3.300 km ausgelegt ist.
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- Netzebene 3: Hochspannung: 60 .. 110 kV; Regionales Übertragungsnetz
- Netzebene 5: Mittelspannung: 6 .. 30 kV; Regionales Verteilnetz und Industrieanlagen
- Netzebene 7: Niederspannung: 230 / 400 V; Netz für Gewerbe und Haushalte
Elektrische Netze nach dem Geschäftsauftrag des Netzbetreiber
- GenCo: befassen sich mit der Stromerzeugung aus unterschiedlichen Quellen in Großkraftwerken. Dazu zählen in
- Deutschland: E.ON, RWE, EnBW
- Österreich: Verbund, EVN, WIEN ENERGIE, TIWAG, KELAG,...
- Schweiz: Axpo, Alpiq
- TransCo bzw. TSO (Transmission System Operator): Übertragungsnetzbetreiber befassen sich mit dem überregionalen und der länderübergreifenden Energieverteilung, sowie mit der Übergabe-Leistungsfrequenzregelung.
- Deutschland: TenneT TSO, 50Herz Transmission, Amprion und die TransnetBW. Diese 4 Akteure betreiben die 4 deutschen Regelzonen
- Österreich: Austrian Power Grid (APG)
- Schweiz: Swissgrid
- DistCo bzw. DSO (Distribution System Operator): Verteilnetzbetreiber befassen sich mit der regionalen Energieverteilung indem sie das Verteilnetz betreiben
- Deutschland: Westnetz, Bayernwerkt, Netze BW, Avacon,..
- Österreich: Netz Niederösterreich, Wiener Netze, Netz Oberösterreich
- Schweiz: ewz, IWB, Romande Energie, StWZ, BKW Strom
- Ein großstädtisches Verteilnetz-EVU umfasst größenordnungsmäßig
- 50 Umspannwerke (Hoch- auf Mittelspannung)
- 10.000 Ortsnetzstationen (Mittelspannung auf Niederspannung)
- 250.000 Netzanschlüsse
- 1.500.000 Stromzähler
- 10.000 km Mittelspannungskabel
- 10.000 GWH/Jahr Energie
- 2.000 MW Netz-Höchstlast
Elektrische Netze nach ihrer physikalischen Aufgabe
Man unterscheidet bei elektrischen Energienetzen zwischen Erzeugung, Transport und Verteilung.
- Erzeugung
Da die Klemmenspannung von Generatoren im Bereich von 10 kV ... 20 kV liegt, wird im zum Kraftwerk gehörenden Umspannwerk die Spannung auf Hochspannung für das Transportnetz transformiert. Die Umwandlung von mechanischer in elektrische Energie kann zentral (Kraftwerk) oder dezentral (Windkraftanlagen, PV-Anlagen) erfolgen. - Verteilung
Am Ort der Verbraucher wird die Spannung hingegen im Zuge des Verteilnetzes in Umspannwerken (Hochspannung auf Mittelspannung) sowie in der Ortsnetzstation (Mittelspannung auf 0,4 kV) wieder heruntertransformiert. - Transport
Dazwischen erfolgt der verlustarme Transport über Freileitungen und Kabel mit hoher Spannung (und entsprechend niedrigem Strom). Man spricht von einem Netz, weil die Stellen, in denen elektrische Energie ins Netz eingespeist wird, mit den Entnahmestellen über verschiedene Netztopologien (Strahlen-, Ring-, und Maschennetz) verbunden sind und zwar über- Entfernungen von wenigen Metern, mittels Stromschienen,
- bei längeren Entfernungen, mittels Freileitungen und Kabelleitungen
- über Schaltanlagen, diese verfügen im Gegensatz zu Umspannwerken über keine Trafos
Elektrische Netze vor bzw. nach der Energiewende
- Traditionelles elektrisches Energienetz vor der Energiewende
Traditionelle elektrische Energienetze sind charakterisiert durch- eine zentralisierte Energieerzeugung mittels einer überschaubare Anzahl an Kraftwerken mit einer Einspeisung größer bzw. deutlich größer als 20 MW.
- der Energiefluss ist unidirektional vom Kraftwerk zum Verbraucher und die Erzeugung folgt der Last. Dh auf Grund von Lastprognosen werden Kraftwerksfahrpläne erstellt, welche die Erzeugung mittelfristig vorgeben. Abweichungen vom Fahrplan werden ausgeregelt.
- die möglichen Netzzustände sind bekannt und basieren auf Erfahrungen.
- nationale Übertragungsnetze werden zur Steigerung der Netzstabilität und zum Energiehandel zu einem großen Verbundnetz – in Zentraleuropa dem UCTE Netz zusammengeschlossen.
- Die 3 großen europäischen Verbundnetze UCTE, NORDEL und das russische IPS/UPS können nur mittels Hochspannungsgleichstromübertragungen HGÜ zusammengeschlossen werden, da sie zwar alle 50 Hz als Frequenz verwenden, aber unterschiedliche Algorithmen zur Ausregelung von unvermeidlichen Frequenzschwankungen haben.
- Da alle 3 Verbundnetze auf einer Frequenz von 50 Hz basieren, ist es alternativ auch möglich, Inseln mit einem Erzeugungsüberschuss oder mit einem Verbraucherüberschuss dem anderen Verbundnetz temporär exklusiv zuzuschalten und so ohne Kopplung der Verbundnetze Energiehandel zu betreiben.
- Die Energiewende
Im Rahmen der sogenannten Energiewende, also dem Umstieg von nicht nachhaltig genutzten fossilen Energieträgern und von Kernenergie, auf nachhaltige Energieversorgung mittels erneuerbarer Energien und einer Steigerung der Energieeffizienz, erfolgt eine Transformation des Elektrizitätsversorgungssystems. Ob Kernenergie ein "nachhaltiger" Energieträger ist, also umweltverträglich, klimafreundlich, ressourcenschonend, langfristig verfügbar und gesellschaftlich akzeptiert ist, wird innerhalb der EU unterschiedlich bewertet. Das ist eine Frage, wie man die ungelöste Endlagerung von radioaktiven Abfall und das potentiell katastrophale Unfallrisiko einschätzt.- Von besonderer Bedeutung ist dabei die Integration erneuerbarer ("renewable") und räumlich weit verteilter Energie ("distributed energy resources", "DER").
- Die Steigerung erneuerbarer Energien (Wasserkraft, Windkraft, Photovoltaik, Biomasse, Geothermie) erfolgt neben bzw. auf Grund des hohen Ausbaugrades der Wasserkraft vorwiegend über
- Wasserkraft- und Windenergieanlagen, die zu 50% auf der Hochspannung - bzw. zu 50% Mittelspannung einspeisen und über
- Photovoltaik, die vorwiegend, ca. 80% auf der Niederspannung und nur in geringem Umfang von ca. 20% auf der Mittelspannung einspeisen.
- Die Steigerung erneuerbarer Energien (Wasserkraft, Windkraft, Photovoltaik, Biomasse, Geothermie) erfolgt neben bzw. auf Grund des hohen Ausbaugrades der Wasserkraft vorwiegend über
- Damit einher gehen u.a. folgende neue technische Herausforderungen gegenüber dem traditionellen Energienetz:
- Sprunghafte Änderungen in der Erzeugung durch Erneuerbare:
- +830 MW bzw. 1,1 GW/h innerhalb von 45 Min bei Winderzeugung in Österreich (24.06.2013). Wenn die Erzeugung ungleich dem Bedarf ist, kann dies zu Problemen in der Frequenzhaltung führen, wenn es zu geringe Regelreserven bei den TSOs gibt.
- Speicherung von elektrischer Energie
- dafür sind zwingend erforderlich: Batteriespeicher, Power-to-Gas,..
- Spannungsanhebung im Niederspannungsnetz zufolge zunehmender Einspeisung durch Photovoltaikanlagen
- Ohne dezentrale Einspeisung sinkt die Spannung im Verlauf der Leitung vom Trafo zum Verbraucher zunehmend ab und kann im Extremfall den Grenzwert vom unteren Spannungsband verletzen. Durch regelbare Transformatoren in den Umspannwerken und durch Längsregler wird diesem Spannungsabfall durch Spannungserhöhung am Anfang der Leitung entgegengewirkt.
- Mit zunehmender dezentraler Einspeisung, in der Praxis vorwiegend durch Photovoltaikanlagen, kommt es speziell in verbrauchsarmen Zeiten, zu einer im Verlauf der Leitung vom Trafo zum Verbraucher hin ansteigenden Spannung, die im Extremfall den Grenzwert vom oberen Spannungsband verletzt.
- Gegenmaßnahmen sind der Netzausbau, der teuer ist, die Spannungsregelung über Regeltransformator, Längsregler oder Batteriepufferung und eine situative Einspeise-Leistungsbegrenzung
- Sprunghafte Änderungen in der Erzeugung durch Erneuerbare:
- Von besonderer Bedeutung ist dabei die Integration erneuerbarer ("renewable") und räumlich weit verteilter Energie ("distributed energy resources", "DER").
- Modernes elektrisches Energienetz
Moderne elektrische Energienetze sind charakterisiert durch- Neben der zentralen Energieerzeugung in Kraftwerken erfolgt zunehmend mehr dezentrale Erzeugung und lokale Speicherung
- Integration von Micro Grids in das Verteilnetz
- Hochstrombezieher (Schnellladesäulen) zufolge Elektro-Mobilität
- Bidirektionaler Energiefluss, Verbraucher können Erzeuger werden, Rückspeisung bis in die Höchstspannung (380 kV Netz)
- Last folgt der Erzeugung: Demand Side Management hat als Ziel, die Last / Verbraucher an die erneuerbare Erzeugung zu koppeln; Kurzfristige wetterbedingte Erzeugungsschwankungen stellen eine Herausforderung dar.
- Netzzustände viel dynamischer, daher macht eine Netzautomatisierung der Mittel- und Niederspannung in Ortsnetzstationen zunehmend mehr Sinn
- Energiehandel mittels „Intraday Fahrplänen“ (Vorlaufzeit 45 Min) und „day ahead Fahrplänen“ (am Vortag angemeldete Handelsgeschäfte). Der steigende Anteil von intraday Fahrplänen erfordert Neuberechnung der Netzsicherheit nicht mehr wie traditionell 1 x pro Tag, sondern laufend.
- Teilnahme einer großen Anzahl an Marktteilnehmern an den Auktionen zur
- Bereitstellung von Primärregelleistung (PRL) (innerhalb von 30 Sekunden für mindestens 15 Minuten verfügbar.
- Bereitstellung von (mindestens 5MW) Sekundärregelleistung (SRL) (innerhalb von 5 Minuten) für mindestens 1 Stunde verfügbar.
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